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Osteoporose

Die Osteoporose ist eine der häufigsten Erkrankungen in Mitteleuropa bzw. Deutschland. Definiert wird die Osteoporose als eine systemische Erkrankung, die mit einer erniedrigten Knochenmasse und einer Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochens einhergeht. Hierbei besteht eine hohe Frakturgefährdung. Diese betrifft insbesondere die Wirbelkörper, die Oberschenkelhälse (Femur) oder den Unterarm (Radius oder Ulna).

Der Knochenaufbau

Der Knochen ist kein statisches Gewebe. Kontinuierlich wird der Knochen durch Substanz wie Calcium und Phosphat angebaut wie auch abgebaut. Man muss sich dies als einen ständigen Zufluss und Abfluss von Knochenmasse vorstellen. Hierfür sind Knochenzellen verantwortlich. Die knochenaufbauenden Zellen sind die Osteoblasten und die knochenabbauenden Zellen die Osteoklasten. Eine weitere wichtige Knochenzelle ist der Osteozyt, der die Bindesubstanz Sklerostin, die als ein Mörtel zwischen Steinen zu verstehen ist, produziert. Die knochenaufbauenden und knochenabbauenden Zellen kommunizieren miteinander durch Eiweißstoffe, die Informationen aussenden. Diese Eiweißstoffe können für eine medikamentöse Therapie zielgerichtet eingesetzt werden, um somit die Knochensubstanz zu erhöhen.

Alle 3 Minuten entsteht in Europa eine Wirbelkörperfraktur. Diese ist sehr schmerzhaft und muss nur in den seltenen Fällen operiert werden. Anders hingegen verhält es sich bei einer Oberschenkelhals-Fraktur (Bruch). Hier muss häufig durch eine Operation der Knochen gerichtet und mit Nägeln, Metall oder einer sogenannten Metall-Prothese (Endoprothese) versorgt werden. Ältere Menschen sind durch die damit verbundene Bettlägerigkeit im Rahmen der Operation durch eine Lungenembolie stark gefährdet. Viele verlieren vor allem nach Schenkelhalsbrüchen ihre Selbstständigkeit und sind auf permanente Hilfe angewiesen.

Ursachen

Man unterscheidet die primäre von der sekundären Osteoporose.

Die primäre Osteoporose beginnt bei der Frau in aller Regel mit Eintritt der Wechseljahre und ist durch den Östrogen-Mangel gekennzeichnet. Primärer Ort des Knochenbruchs ist hier meistens die Wirbelsäule. Anders verhält es sich bei der primären Osteoporose im fortgeschrittenen Alter (z. B. ab 70 Jahre). Hier spielen der Vitamin D-Mangel und das Sturzrisiko eine entscheidende Rolle. Primärer Ort des Bruchs ist dann häufig der Oberschenkelhals.

Die sekundäre Osteoporose kann durch Medikamente wie z. B. Cortison, Heparin, Magenschutzmittel oder Methotrexat entstehen. Weitere Ursachen für eine sekundäre Osteoporose sind Hormonstörungen (Endokrinopathien) wie ein Testosteron-Mangel, eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), eine vermehrte Cortisolproduktion (Cushing-Syndrom) oder ein Typ-1 Diabetes mellitus. Weitere Ursachen sind bösartige Erkrankungen (maligne Erkrankungen) wie Tumore des Knochenmarkes wie das Plasmozytom sowie eine Mastozytose, ein Non-Hodgkin-Lymphom oder eine diffuse Knochenmetastasierung. Weiterhin können Bindegewebserkrankungen wie die Osteogenesis imperfecta oder das Marfan-Syndrom mit einer Osteoporose assoziieren. Komplexe Knochenerkrankungen (Osteopathien) können durch eine Dialyse-Behandlung sowie durch eine Darmerkrankung (z. B. Morbus Crohn, Zöliakie) entstehen, die eine unzureichende Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen bedingt.
Diese sekundären Osteoporose-Formen können durch eine klinische Beurteilung bzw. durch eine Blutuntersuchung erkannt werden. Somit gehört zum Basis-Labor einer Osteoporosediagnostik die Bestimmung von Calcium und Phosphat, das Blutbild, die alkalische Phosphatase, die Gamma-GT, die Blutsenkungsgeschwindigkeit, die Schilddrüsenhormone, die Eiweiß-Elektrophorese, das Vitamin D, das Testosteron bei Männern und ggf. weitere spezifische Parameter.

Knochendichtemessung / Diagnostik

Gold-Standard für die Diagnose einer Osteoporose ist die Knochendichtebestimmung nach der DXA-Methode. Diese Knochendichtemessung dauert ca. 5-10 Minuten und sollte an der Lendenwirbelsäule und an beiden Oberschenkelhälsen gemessen werden. Der sogenannte T-Score steht für Standardabweichungen vom Mittelwert junger, gesunder Erwachsenen im Alter zwischen 20-29 Jahren. Durch diesen T-Score kann das Bruchrisiko beurteilt werden. Der sogenannte Z-Score spiegelt den Knochenmineralgehalt im Vergleich zu altersgleichen Menschen wider. Zu beachten ist, dass es für Asiaten, Dunkelhäutige und Mitteleuropäer kaukasischen Ursprungs unterschiedliche Referenzwerte gibt.

Die Strahlenbelastung bei einer DXA-Methode ist gering und beträgt 1-5 µSv. Zum Vergleich hat eine Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule eine Strahlenbelastung von ca. 800 µSV und die natürliche und zivilisationsbedingte jährliche Strahlenbelastung in Mitteleuropa beträgt 4000 µsV. Bei Verdacht auf eine Faktur (Bruch) muss der entsprechende Skelett-Anteil (z. B. Wirbelsäule) geröntgt werden.

Therapie

Zur Basistherapie zur Osteoporose- und Frakturprophylaxe gehören eine ausreichende Calciumzufuhr von ca. 1000mg täglich, idealerweise über die Nahrung und ein suffizienter Vitamin D-Spiegel > 30 ng/ml. Bei unzureichender Calciumzufuhr durch die Ernährung sollte ein Calcium-Supplement eingenommen werden. Vitamin D-Präparate stehen in Form von Tabletten als tägliche Einnahme sowie als Depot-Präparate alle 1-2 Wochen zur Verfügung. Ein absoluter Vitamin D-Mangel liegt bei einem Spiegel < 10 ng/ml und ein relativer Vitamin D-Mangel < 20 ng/ml vor.

Körperliche Aktivität und Stärkung der Muskulatur sind wesentlicher Bestandteil der Osteoporose-Therapie. Durch Stärkung der Muskulatur und der Koordination wird das Sturzrisiko gesenkt. Die regelmäßige körperliche/sportliche Aktivität mit Belastung des Knochens beim Gehen, Laufen, Joggen und anderen Sportarten führt zu einer Aktivierung des Knochenaufbaus mit Stärkung dessen Masse und Mikroarchitektur. Wichtiges Ziel bei der primären Osteoporose im Alter ist die Verhinderung von Stürzen. Gerade im Winter ist bei widrigen Verhältnissen ein geeignetes Schuhwerk zu nutzen.

Behandlung

Bei hoher Frakturgefährdung empfiehlt sich neben der Basistherapie eine spezifische Osteoporose-Medikation. Therapeutisch stehen sowohl antiresorptive als auch osteoanabole Substanzen zur Verfügug. Zu den ersten zählen Bisphosphonate, selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs) und der Antikörper gegen den Abbau-aktivierenden Botenstoff RANKL Denosumab (Prolia). Letzteres kann durch eine kurze Injektion unter die Haut (wie bei Insulin- oder Heparin) alle 6 Monate erfolgen. Die Bisphosphonate können in Form von Tabletten (z. B. Alendronsäure) oder durch eine Infusion intravenös (Ibandronsäure alle 3 Monate oder Zoledronsäure alle 12 Monate) verabreicht werden. Sehr selten können hier atypische Brüche (Frakturen) des Oberschenkels und in sehr seltenen Fällen die Neigung zu Herzrhythmusstörungen als Nebenwirkungen auftreten. Darüber hinaus sind ebenfalls selten Osteolysen (knochenauflösende Bereiche) im Bereich des Kiefers beschrieben worden. Letztere sind bei sorgfältiger Beachtung der Mundhygiene größtenteils vermeidbar. An SERMs ist derzeit in Deutschland nur Raloxifen verfügbar und dieses wirkt eher schwächer als die anderen beiden Substanzklassen und mit bisher nachgewiesener Wirkung nur an der Wirbelsäule.

Zu den rein osteoanabolen Substanzen zählt Teriparatid (z.B. Forsteo), ein rekombinantes humanes Parathormon-Fragment. Dieses wird täglich ins subkutane Fettgewebe (wie Heparin oder Insulin) für eine begrenzte Therapiedauer von 24 Monaten, injiziert. Die neueste zugelassene Substanz zur Therapie der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen ist Romosozumab (Evenity). Dieses ist ein monoklonaler Antikörper gegen Sklerostin und weist eine duale sowohl antiresorptive als auch osteoanabole Wirkung auf. Romosozumab wird eher schweren Osteoporosefällen vorbehalten und wird einmal monatlich ins subkutane Fettgewebe für insgesamt 12 Monate injiziert. Die Substanz ist kontraindiziert bei Frauen mit stattgehabtem Myokardinfarkt oder Schlaganfall.

Weitere Informationen finden sie auf unserer Themenseite osteoporose-bochum.de