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Endokrinologische Aspekte kardiologischer Patienten

Endokrinologische Aspekte kardiologischer Patienten betreffen die Hypertonie, Rhythmusstörungen als auch strukturelle myokardiale Veränderungen.

Hypertonie

Weniger als 10% aller Hypertoniker haben eine so genannte sekundäre Hypertonie, von denen neben der renalen Hypertonie ca. 3-5% auf die endokrin-bedingte Hypertonie entfallen. In den letzten Jahren wiesen mehrere Daten auf den pathophysiologischen Zusammenhang des Renin-Aldosteron-Systems und der Hypertonie hin. Eine hohe Anzahl (bis 11% aller Hypertoniker) hat einen Hyperaldosteronismus, dem nicht das klassische Conn-Syndrom (Nebennierenrinden-Adenom) zugrunde liegt. Problematisch bei der Diagnostik ist die Interaktion anderer Antihypertensiva, die präanalyisch abgesetzt werden müssen (Tab. 1).

Hier ist zu bemerken, dass diese Form des Hyperaldosteronismus häufig mit niedrig-normalen aber nicht zwangsläufig erniedrigten Kaliumspiegeln einhergeht. Das klassische Conn-Syndrom weist den erhöhten Aldosteron/Renin-Quotienten im EDTA-Plasma (gekühlt) auf und wird durch den Kochsalzbelastungstest bestätigt. Neben der MRT-Untersuchung der Nebennieren sollte vor einer avisierten retroperitoneoskopische Adrenalektomie/Adenomresektion eine selektive Nebennierenvenenkathetarisierung durchgeführt werden.

Eine weitere endokrin-bedingte Hypertonieform stellt das Phäochromozytom dar, welches in 80% dem Nebennierenmark und selten den Paraganglien entspringt. Klinische Symptome sind die anfallsartigen Attacken (Blutdruckanstieg, Herzrasen, Kopfschmerzen, Schwitzen, Gewichtsverlust). Durch Optimierung der Laboranalytik können die Katecholamine, insbesondere die Metanephrine und Normetanephrine, im EDTA-Plasma (gekühlt), bestimmt werden.

Zur Verifizierung können dann die Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, Metanephrine, Normetanephrine, Dopamin) im angesäuerten 24-h-Urin gemessen werden. Bestätigt wird die Verdachtsdiagnose durch den Clonidin-Hemmtest. Wegen der Differenzialdiagnose zum Karzinoid-Syndrom empfiehlt sich hier die zeitgleiche Analyse der 5-HIES (5-Hydroxyindolessigsäure) im 24-h-Urin (angesäuert). Adrenalin und Noradrenalin sind häufig situativ erhöht, Metanephrine/Normetanephrine nie. Eine MIBG-Szintigraphie detektiert in ca. 65% das Adenom. Phäochromozytome werden bis zu einer Größe von 5cm nach Vorbehandlung mit Propranolol retroperitoneoskopisch entfernt.

Klinisch imponiert das Cushing-Syndrom. Häufigste Form ist der exogene Cushing (durch die Gabe von Glucocorticoiden verursacht). Typische Symptome sind neben der Hypertonie, die Plethora, der Büffelnacken, die Stammfettsucht, die Striae rubrae, die Myopathie, die Pergamenthaut und die Osteoporose. Der endogene Cushing kann einerseits durch ein Adenom der Hypophyse (Morbus Cushing) als auch durch ein Nebennierenrindenadenom (adrenales Cushing) verursacht werden. Die Laboranalytik gibt hier klaren Aufschluss über die Herkunft (Tab. 2).

Ein Cushing-Syndrom wird durch einen Dexamethason-Hemmtest ausgeschlossen (Dexamethason 1mg oral um 23.00 Uhr, Cortisol im Serum um 8.00 Uhr). Ein endogenes Cushing-Syndrom hat häufig eine aufgehobene zirkadiane Rhythmik. Eine Speichelcortisolanalyse um 8.00, 14.00 und um 23.00 Uhr ist hier hinweisend, ebenso wie die erhöhte Ausscheidung von freiem Cortisol im 24-h-Urin. Ein Morbus Cushing lässt sich durch ein supprimiertes Serum-Cortisol nach Hochdosis-Dexamethason, einem Sinus petrosus Katheter (zur selektiven Cortisol-Bestimmung vor und nach ACTH-Stimulation) und dem Adenom im Hypophysen-MRT nachweisen.

Die Akromegalie führt durch die Natrium-Retention zu einer Hypertonie. Die Erkrankung ist selten (Prävalenz 8/100.000), zeigt sich aber durch typisch klinische Symptome wie die Hyperhidrosis, Weichteilschwellung (Ringe und Schuhe passen nicht mehr, Karpaltunnel-Syndrom), große Zunge, Akrenwachstum der Hände und Füsse, Progathie/Kieferveränderungen und Zahnverlust und z.B. durch die Arthrose. Zudem liegt häufig ein Schlaf-Apnoe-Syndrom vor, eine Kardiomegalie, eine Struma nodosa (ca. 80%) oder ein Hypogonadismus. Die Patienten klagen außerdem über Kopfschmerzen. Das erhöhte IGF-1 und Wachstumshormon (GH: growth hormone) lässt sich im Serum einfach nachweisen. Bestätigt wird dies durch den GH-Suppressionstest über 2 Std. (wie oGTT mit fehlendem Abfall des GH

Hypotonie

Bei endokrinologischen Ursachen der Hypotonie muss an die primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) gedacht werden. Charakteristika sind die Schläfrigkeit, Hyponatriämie, Hypoglykämie, Hyperkaliämie, hohe Renin- und niedrige Aldosteronspiegel sowie die gebräunte Haut. Hypotonien sind auch Ursache zahlreicher Arzneimittelnebenwirkungen wie z.B. auf endokrinologischen Gebiet Dopamin-Agonisten (Bromocriptin oder Cabergolin beim Abstillen oder zur Behandlung beim Prolaktinom).

Zudem kann der Diabetes insipidus zentralis durch die Polyurie zu einer Exsikkose und damit zu einer Hypotonie führen. Ursache des Diabetes insipidus sind hypophysäre und hypothalamische Raumforderungen sowie autoimmunlogische Erkrankungen, die auch in Assoziation mit anderen Autoimmunopathien stehen können. Der Diabetes insipidus wird durch die orale oder nasale (Spray oder Rhinyle) Gabe von Desmopressin (z.B. Minirin) therapiert.

Rhythmusstörungen

Klassische endokrine Ursache ist die Hyperthyreose, die durch eine Überdosierung von Levothyroxin (T4) hervorgerufen werden kann. Ca. 10% aller Strumapatienten in Deutschland, die mit T4+Jodid behandelt werden, sind überdosiert. Insbesondere ältere Patienten vertragen höhere T4-Dosis nur sehr unzureichend. Häufigste Form der Rhythmusstörung ist die Tachykardie, gefolgt von Extrasystolen und Vorhofflimmern. Endogene Ursachen der Hyperthyreose sind die Schilddrüsenautonomie durch warme/heiße Knoten, der Morbus Basedow (Immunhyperthyreose mit Nachweis von TSH-Rezeptor-Antikörpern) oder die Kontrastmittel-induzierte Hyperthyreose (Tab. 3).

Die Frühform einer Hashimoto-Thyreoiditis kann ebenfalls mit einer hyperthyreoten Stoffwechsellage einhergehen, induziert jedoch selten klinische Symptome wie eine Tachykardie. Bereits subklinische (fT4 ↔, TSH↓) können neben klinisch-manifesten (fT4↑, TSH↓) Hyperthyreosen zu Vorhofflimmern und einer Osteoporose führen und müssen behandelt werden. Bei den medikamentösen Ursachen der Hyperthyreose ist die Amiodaron-induzierte Hyperthyreose zu erwähnen. Hier werden zwei Typen unterschieden, wobei der Typ 1 (immunlogisch vermittelt) häufiger ist, als der Typ 2 (beruht auf einer präexistenten Autonomie). Der Typ 1 wird mit Cortison behandelt, der Typ2 thyreostatisch. Trotz sehr hoher T4-Spiegel korreliert dies häufig nicht mit einer klinisch ausgeprägten Hyperthyreose, da Amiodaron auch die Konversion T4 zu T3 hemmt.

Kardiale Strukturveränderungen

Neben der endokrin Hypertonie-induzierten Myokardhypertrophie führt das Wachstumshormon bei der Akromegalie auch ohne vorliegender Hypertonie zu myokardialen strukturellen Veränderungen. Diese resultieren in diastolischen und später systolischen Funktionsstörungen. Zudem sind bei der Akromegalie Vitien beschrieben worden. Eine schwere Hyperthyreose kann zudem eine Herzinsuffizienz induzieren.